Berlin-Film-Katalog (in Vorbereitung)

Rarität des Monats September 2017

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 11.-13. September 2017 um 18 Uhr (am 11. in Anwesenheit von Alfred Behrens und Clara Burckner) lief

 

Berliner Stadtbahnbilder

BRD 1980-1982 – 60 Min. (657 m) – 16 mm (1:1,37) – Farbe
Regie, Buch: Alfred Behrens. Winterkamera: Jürgen Jürges. Sommerkamera: Fritz Poppenberg, Michael Kuball. Ton: Manfred Herold. Schnitt: Ursula Höf. Dramaturgie: Karsten Witte. Gesamtleitung: Clara Burckner. Redaktion: Eckart Stein, Anne Even.
Produktion: Basis-Film Verleih GmbH Berlin in Zusammenarbeit mit dem ZDF.

Drehzeit: Dezember 1980 bis August 1981.

Erstverleih: Basis-Film.

Uraufführung: 21. Februar 1982, Berlin, Arsenal (Internationale Filmfestspiele – Internationales Forum des Jungen Films). Kinostart: 26. Februar 1982, Berlin, Klick.

Weitere Informationen hier und ein ebenso umfang- wie aufschlußreiches Interview mit Alfred Behrens hier. 

 

Der A 57

DDR 1966 – 16 Min. (450 m) – 35 mm (1:1,37) – Schwarzweiß
Regie, Buch, Kamera: Ekkehard Grandke. Schnitt: Monika Saß.
Produktion: Deutsche Hochschule für Filmkunst.

 

„Wer mit der S-Bahn fährt, zahlt den Stacheldraht am Brandenburger Tor!“ – „Keinen Pfennig mehr für Ulbricht!“ – Durch den Boykott, der nach dem Mauerbau 1961 mit Slogans wie diesen ausgerufen worden war, war die von der DDR-Reichsbahn betriebene S-Bahn in West-Berlin in einen Dornröschenschlaf gefallen: Weitgehend leere Züge aus der Vorkriegszeit ratterten heulend und zischend durch überwuchertes Bahngelände und verfallene Stationen, wo die Zeit stehengeblieben zu sein schien. Wer eine S-Bahn-Fahrkarte löste, betrat einen fremden Kosmos, ein verwunschen wirkendes Areal, das sich kreuz und quer durch die Stadt zog. Die allermeisten West-Berliner blieben der S-Bahn jedoch nicht nur fern: Im Laufe der sechziger Jahre verschwand sie sogar aus ihrem Bewußtsein.

Um 1980 wurde, auch im Zuge der Nostalgiewelle und des wachsenden Interesses an jüngster (Alltags-) Geschichte entdeckt, welch einzigartiges Denkmal hier unwillkürlich entstanden war. Zudem schien die S-Bahn genau Schicksal und die Situation West-Berlins widerzuspiegeln: Sie war ein Relikt glanzvoller Metropolenzeiten, von einem hochmodernen Verkehrssystem zu einem riesigen Museum herabgesunken, nach 1945 mehr zusammengeflickt als wiederaufgebaut und seit Jahrzehnten kaum modernisiert, voller Geschichtsspuren, wie man sie in Westdeutschland kaum mehr fand. Und wirkte der Weiterbetrieb nicht ebenso sinnlos und bizarr wie angesichts der aufgegebenen Hoffnung auf eine Wiedervereinigung die Existenz der halben Stadt?

Mit seinem weitgehend kommentarlosen Film, den er zwischen Dezember 1980 und August 1981 ohne Genehmigung drehte, schuf der 1944 geborene Wahl-Berliner Alfred Behrens ein einzigartiges Dokument des damaligen Zustands der West-Berliner S-Bahn. Eine ganz auf eingefangene Bilder und Geräusche setzende Studie auch über den Reiz und den morbiden Charme des Verfalls, melancholisch, meditativ und einen aus heutiger Sicht fast unglaublichen Zustand schildernd. Denn geblieben ist von dieser Stadt- und Industrielandschaft, die wie ganz West-Berlin ein Produkt des Kalten Krieges war, kaum etwas: Nachdem die S-Bahn 1984 in West-Berliner Hände übergegangen war, wurden die Patina und die Geschichtsspuren mit zunehmendem Tempo und immer größerer Gründlichkeit wegsaniert.

Vorab läuft mit „Der A 57“ ein 1966 an der Babelsberger Hochschule entstandener, ambitioniert gestalteter kurzer Diplomfilm (Fachrichtung Kamera) über einen Ost-Berliner Doppeldeckerbus und seine Besatzung auf der titelgebenden Linie durch das Stadtzentrum./span>

 

Unser Flyer zu diesen Raritäten. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

 

MEHR VERKEHR: Berliner Bahngeheimnisse aus seinem jüngst erschienenen Buch gleichen Titels präsentiert am 23. September um 18 Uhr Jan Gympel im Brotfabrikkino. Neunzig Minuten voller Überraschendem und Spannendem.

 

 

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J.G.

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Quellen der filmographischen Angaben zu „Berliner Stadtbahnbilder“: Filmlänge in Minuten, Filmformat: www.basisfilm.de/basis_neu/seite4.php?id=55&inhalt=zumFilm (besucht am 22.8.2017), Filmlänge in Metern, Bildformat, Drehzeit, Erstverleih, Kinostart: www.filmportal.de/film/berliner-stadtbahnbilder_68bc935cee234f6ca8642335ab906254 (besucht am 22.8.2017). Uraufführung: Internationales Forum des Jungen Films Berlin 1982, Programmheft. Alle anderen Angaben: Originalabspann.
Quelle der filmographischen Angaben zu „Der A 57“: https://server8.bibl.filmuniversitaet.de:443/F/?func=direct&doc_number=000083578&local_base=HFF01 (besucht am 22.8.2017).

Bilder: Alfred Behrens.