Berlin-Film-Katalog (in Vorbereitung)

Rarität des Monats August 2013

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 8.-11. August 2013 um 22 Uhr und vom 12.-14. August 2013 um 20 Uhr lief

 

Possession

F/BRD 1980/1981 – 35 mm (1:1,66) – Farbe – 127 Minuten
A Film by Andrzej Żuławski. Original Screenplay: Andrzej Żuławski. Adaptation and Dialogue: Andrzej Żuławski, Frederic Tuten. Director of Photography: Bruno Nuytten. Camera Operator: Andrzej Jaroszewicz. Special Effects for The Creature: Carlo Rambaldi. Music: Andrzej Korzynski. Stuntmen: Herbert Wiczorek, Willi Neuner, Dragomir Stanojevic, Radevic Miorier. Camera Assistants: Pascal Marti, Idislawe Kielar, Peter Kalisch. Still Photographer: Ullrich Clauss. Assistant to the Director: Eva Maria Schönecker. Art Director: Holger Groß. Assistant: Barbara Kloth. Costumes: Ingrid Zore. Make-up: Ronaldo Abreu, Laurence Azouvy. Props: Mario Stock, Wolfgang Kallnischkies, Peter Alteneder. Sound: Karl-Heinz Laabs, Norman Engel. Mixing: Jacques Maumont. Special Effects: Daniel Braunschweig, Charles-Henri Assola. Editing: Marie-Sophie Dubus, Suzanne Lang-Willar, Jutta Omura, Sabine Marang. Continuity: Christiane Helle. Dialogue Coach: Ernestine Kahn. Wardrobe: Barbara Lutz, Helmut Preuss. Production Manager (Germany): Klaus-Michael Kuehn. Unit Managers: Harald Muchametov, Axel Behr, Jurgen Schmidt, Knut Winkler. Accountants: Henri Dutrannoy, Jurgen Holzheider. Secretaries: Heike Rudolph, Agnes Leonard, Aline Engelsen. Grips-Electricians: Manfred Bogdahn, Hans-Joachim Michalek, Dieter Ahlich, Dieter Dentzer, Ernst Simoneit. Miss Adjani wig by Wig Studios S.A. Paris. Miss Adjani green eyes by Laboratoire Dencott Paris.
Darsteller: Isabelle Adjani, Sam Neill, Margit Carstensen, Heinz Bennent, Johanna Hofer, Carl Duering, Shaun Lawton, Michael Hogben, Maximilian Ruethlein, Thomas Frey, Leslie Malton, Gerd Neubert, Kerstin Wohlfahrt, Ilse Bahrs, Karin Mumm, Herbert Chwoika, Barbara Stanek, Ilse Trautschold.
A co-production Oliane Productions, Paris, Marianne Productions, Paris, Soma Film Produktion, Berlin. Production Manager: Jean-Jose Richer. Produced by Marie-Laure Reyre.

Projektion eines digitalen Datenträgers. Englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln.

Als ein Mann von einer Geschäftsreise zurückkehrt in seine Wohnung an der Mauer in Wedding, liegt seine Ehe in Trümmern. Seine Frau hat offenbar eine Affäre, ist hochgradig verstört, doch will über nichts sprechen. Was ein von dem Mann beauftragter Privatdetektiv dann in einer Wohnung an der Mauer in Kreuzberg findet, ist auch hochgradig verstörend – und nicht nur für ihn folgenschwer. Der polnische Filmemacher Andrzej Żuławski („Nachtblende“) zeigte das West-Berlin der damaligen Zeit als seltsamen Ort, an dem bizarre Dinge geschehen. Der auf englisch gedrehte Horrorpsychothriller ist einer der ganz wenigen ausländischen Berlin-Filme aus dem 20. Jahrhundert, in denen es weder um Nazis noch um Spione geht. Isabelle Adjani wurde in Cannes ausgezeichnet und erhielt den César. In Deutschland fand der Film keinen Verleih.

Unser Flyer zu diesem Film. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

 

Das Böse in Berlin – (fast) ohne Nazis oder Agenten

„Possession“ ist einer der ganz wenigen ausländischen Berlin-Filme aus dem zwanzigsten Jahrhundert, in denen es weder um Nazis noch um Agenten geht.

Eine Aussage, die sofort eingeschränkt werden muß: Denn in dieser französischen Produktion eines polnischen Filmemachers, die auf englisch im West-Berlin des Jahres 1980 entstand, steckt auch etwas Geld einer deutschen Firma. Und die männliche Hauptfigur geht einer obskuren Profession nach. Viele Kritiker sahen in dem Mann sogleich einen Geheimagenten. Doch erstens wird nie so recht klar, was er tut, zweitens spielt es für die Geschichte kaum eine Rolle und drittens überläßt er selbst das Ausspionieren seiner eigenen Frau einem kleinen Privatdetektiv.

Allerdings ist die eilige Erklärung typisch für die zahlreichen Dinge, die in Andrzej Żuławskis Film hinein- und aus ihm herausgelesen wurden. Die Handlung ermöglicht viele Interpretationen und Projektionen. Zugleich ignorierte man hartnäckig, was Żuławski selbst als Gründe dafür angab, „Possession“ in Berlin, oft direkt an der Mauer, zu drehen: Er wollte seine Geschichte über das Böse nicht nur in einer zerrissenen Stadt, sondern auch möglichst nah am Bösen erzählen – und das war für den Polen, der gerade daheim einen Film nicht hatte vollenden dürfen und ins Exil getrieben worden war (zudem war seine Ehe in die Brüche gegangen), der Ostblock, der Kommunismus, der West-Berlin umschloß. „Possession“ sah sein Schöpfer auch als politisches Werk, versteckt im Gewand eines bizarren Horrorfilms.

Außerdem erscheint West-Berlin (gedreht wurde größtenteils rund um den Vinetaplatz und im Osten Kreuzbergs) als seltsamer Ort, wo etwas so Groteskes wie die Mauer Normalität geworden ist: Als ein Mann von einer langen Geschäftsreise zurückkehrt in seine propere Neubauwohnung an der Mauer im Wedding, liegt seine Ehe in Trümmern. Seine Frau hat einen anderen, doch diesem scheint sie sich auch zu entziehen. Was ein von dem – ebenfalls zunehmend besessen wirkenden – Gatten beauftragter Detektiv in einer verranzten Altbauwohnung an der Mauer in Kreuzberg findet, ist hochgradig verstörend – und nicht nur für ihn folgenschwer.

Seinem spätestens mit „Nachtblende“ begründeten Ruf, ein Regisseur mit Hang zur Drastik zu sein, bestätigte Żuławski mit diesem Film voll großer Gefühle, die hemmungslos ausgelebt werden, mit viel Blut und Gewalt, fast im Übermaß: Schon zur Uraufführung 1981 in Cannes wurde „Possession“ als Skandal gehandelt. Isabelle Adjani – als Frau, die ein Monster gebärt, großzieht und auch mit ihm Sex hat – erhielt dennoch die Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin, wie auch ein Jahr später den César. In Deutschland fand der Film keinen Verleih, in manchen Ländern wurde er verboten oder war jahrelang nur in verstümmelten Versionen verfügbar.

 

Einige Drehorte:
Bernauer Straße, Bernauer Straße Ecke Swinemünder Straße, Block Wolliner/Bernauer/Swinemünder Straße/Vinetaplatz
Fehrbelliner Platz
Café Einstein
U-Bahnhof Gleisdreieck
Adalbertstraße, Naunynstraße
Sebastianstraße Ecke Luckauer Straße, heutiger Alfred-Döblin-Platz
Vineta-Grundschule Demminer Straße
Graunstraße Ecke Lortzingstraße
Friedenskirche Ruppiner Straße
U-Bahnhof Platz der Luftbrücke
Böcklerstraße Ecke Gitschiner Straße
Luckauer Straße Ecke Oranienstraße
Gustav-Freytag-Straße Ecke Oberhaardter Weg
Schlesische Straße
Lohmühlenbrücke
Treppenhaus Joseph-Haydn-Straße 1

 

 

Quelle der filmographischen Angaben: Originalvor- und -abspann.

Bilder: Oliane Productions.

 

 

Rarität des Monats Juli 2013

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 4.-10. Juli 2013 um 19 Uhr lief

 

Berlin – Auguststraße

DDR 1979 – 16 mm (auf 35 mm aufgeblasen) (1:1,37) – Schwarzweiß – 79 Minuten (2155 m)
Regie und Buch: Günter Jordan. Musik: Hanns Eisler. Kamera: Michael Albrecht. Ton: Jürgen Abel. Beleuchtung: Thomas Pittius. Montage: Dieter Körner. Dramaturgie: Jutta Diemert.
Produktion: DEFA-Studio für Dokumentarfilme. Produktion: Rainer Baumert.
Erstverleih: Progress.

Projektion eines digitalen Datenträgers.

Wie es in der und rund um die Auguststraße aussah, bevor diese zur schicken Galeriemeile und zum Paradebeispiel für Gentrifizierung mutierte, wie man hier lebte und wer hier wohnte, dokumentierte Günter Jordan in seinem 1979 entstandenen Dokumentarfilm. Das besondere Augenmerk des 1941 geborenen DEFA-Regisseurs lag dabei auf den Kindern: Fünft-, später Sechstkläßlern aus der damaligen Bertolt-Brecht-Oberschule in der Auguststraße (im Gebäude der ehemaligen jüdischen Mädchenschule). Damals wegen des gezeigten Milieus und Ambientes nicht allzu wohlgelitten, ist der ebenso eigenwillig wie hintersinnig mit Musik von Hanns Eisler versehene Schwarzweißfilm heute ein bedeutendes Zeugnis einer verschwundenen Welt.

Unser Flyer zu diesem Film. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

 

 

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Mehr zu diesem Film hier.

 

 

Quellen der filmographischen Angaben: Originalabspann, http://www.filmportal.de/film/berlin-auguststrasse_1d923b4330264d11a396def71df16a87 (besucht am 17.6.2013).

 

Bilder: Progress-Filmverleih/Foto Michael Albrecht.