Berlin-Film-Katalog (in Vorbereitung)

Rarität des Monats August 2017

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 10.-16. August 2017 um 19 Uhr (am 14. in Anwesenheit von Helke Misselwitz) lief

 

Engelchen

D 1995/1996 – 91 Min. (2499 m) – 35 mm (1:1,66) – Farbe
Regie, Buch: Helke Misselwitz. Herstellungsleitung: Thomas Wilkening. Redaktion: Christoph Holch. Produktionsleitung/Filmgeschäftsführung: Katrin Wiedemann. Kamera: Thomas Plenert. Schnitt: Gudrun Steinbrück. Szenenbild: Lothar Holler. Kostüm: Aenne Plaumann. Maske: Grit Kosse. Ton: Rainer Haase. Mischtonmeister: Hartmut Eichgrün. Erste Regieassistenz: Ulrike Klein. Zweite Regieassistenz: Adam Tusk. Kameraassistenz: Florian Wimmer, Susanne Schüle. Beleuchtung: Rolf Schneider, Norbert Lude, Richard Labitzki. Dolly: Bernd Kuka. Tonassistenz: Olaf Kutscher. Tonumspielung: Gunther Kortwich. Script/Continuity: Philipp Stahl. Außenrequisite: Ulrich Christian. Innenrequisite: Utz Neumann. Garderobe: Thomas Thomae. Filmfotografie: Helga Paris. Schnittassistenz: Alida Babel. Aufnahmeleitung: Klaus Preissel. Set-Aufnahmeleitung: Caroline Päthke. Motiv-Aufnahmeleitung, Assistenz Filmgeschäftsführung: Ilona Mammitzsch. Aufnahmeleitung Vorbereitung: Jürgen Haseloff. Produktionsassistenz: Anja Ostrowski. Produktionsfahrer: Siegfried Schröter, Thomas Sperling. Kinderbetreuung: Ewa-Susanne Bergmann. Drehbuchübersetzung: Stanislaw Mucha. Praktikanten: Marco Rädke, Bianca Kroh, Claudia Weidenbach. Kameras & Beleuchtungstechnik: FGV Schmidle GmbH. Gedreht auf Eastman Kodak Super 16. Kopierwerk: Geyer Berlin. Lichtbestimmung: Harald Krause, Ruth Raatz. Titel: Thomas Wilk.
Darsteller: Susanne Lothar (Ramona), Cezary Pazura (Andrzej), Kathrin Angerer (Lucie), Ben Becker (Lucies Freund), Sophie Rois (Mutter des Kindes), Herbert Fritsch (Papa Klaus), Luise Wolfram (Das Kind), Heide Kipp (Großmutter des Kindes), Christian Grashof [im Vorspann Grashoff] (Fotograf), Helga Paris (Fotografin), Heidemarie Schneider (Ärztin), Ulrich Mühe (Kommissar), Franziska Hayner (Kriminalbeamtin), Lars Rudolph (Penner), Hans-Dieter Brückner (Vergewaltiger), Udo Koschwald (Vergewaltiger), Barbara Dittus, Annett Kruschke (Frauen in der S-Bahn), Christine Harbort (Wirtin), Gerhard Winterle, Patrice Luce Domeyrou (Matrosen), Sven Rudolph (Zeuge in der S-Bahn), Michael Loewenberg (Rollstuhlfahrer), Mario Peters (Akkordeonspieler), Tim Grobe (Freund von Lucie), Rolf Brauneis (Mann am Computer), Gudrun Steinbrück (Geigerin), Ines Adler & Band (Dampferband), Paula & Michelle (Babies).
Eine Produktion der Thomas Wilkening Filmgesellschaft mbH in Zusammenarbeit mit dem ZDF.

Drehzeit: 10. Oktober bis 10. November 1995.

Erstverleih: Arsenal.

Uraufführung: 30. März 1996, München (Filmfest). Kinostart: 2. Oktober 1997.

 

„Engelchen“ ist der leicht spöttische Spitzname ihrer lebenslustigen, auch etwas leichtfertigen kleinen Schwester für Ramona: Diese ist das Muster einer „grauen Maus“, geprägt und gezeichnet von Enttäuschungen. Zwischen der Fließbandarbeit (ausgerechnet) in einer Kosmetikfabrik und dem Wohnen in einem bröseligen Altbau, mit dem Wellensittich als einzigem Gefährten und täglichen Streitigkeiten bei den Alkoholikern auf der gegenüberliegenden Seite des Hinterhofs, fließt das Leben der vorzeitig Gealterten zäh dahin. Bis eines Tages doch etwas passiert: Auf dem S-Bahnhof Ostkreuz umarmt und küßt sie unvermittelt ein ansehnlicher junger Mann. Mit diesem Übergriff wollte sich der Pole, der unversteuerte Zigaretten verkauft, nur bei einer Razzia retten. Dennoch entwickelt sich zwischen Ramona und Andrzej eine Romanze. Doch das Glück ist nicht von Dauer.

Mit ihrem zweiten Spielfilm schilderte Helke Misselwitz, die mit Dokumentationen wie „Winter ade“ bekannt geworden war, exakt und einfühlsam das Schicksal einer „Übersehenen“ und Zukurzgekommenen, die weitere Belastungen nicht verkraften kann. Im Herbst 1995 gedreht vor allem in der damals noch nicht „angesagten“ Gegend am noch nicht kahlschlagsanierten Ostkreuz, erfuhr der Film viel Lob, wozu die Photographie von Thomas Plenert beitrug, mit dem Helke Misselwitz schon bei ihren Dokumentationen wie „Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann“, „Sperrmüll“ (unserer Berlin-Film-Rarität des Monats Januar 2014) oder „Winter ade“ und ihrem ersten Spielfilm „Herzsprung“ zusammengearbeitet hatte. Wie all diese Werke wurde auch „Engelchen“ von Gudrun Steinbrück montiert. Nahezu einhellig feierte die Kritik die Darstellung der Titelrolle durch Susanne Lothar (die vor fünf Jahren, am 21. Juli 2012, verstarb). Bemerkenswert ist auch die Liste der Nebendarsteller, die meist nur kurze Auftritte haben: Ben Becker, Barbara Dittus, Herbert Fritsch, Christian Grashof, Christine Harbort, Heide Kipp, Helga Paris, Sophie Rois, Lars Rudolph, Heidemarie Schneider und last but not least Ulrich Mühe.

Dennoch kam „Engelchen“ mit einiger Verspätung in die Kinos, war dort nur relativ kurz zu sehen und seither nur noch selten. Mit der Aufführung des Films – der noch nicht auf DVD oder Blu-ray erhältlich ist – gratulieren wir Helke Misselwitz nachträglich zum siebzigsten Geburtstag, den sie am 18. Juli feiern konnte.

 

Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

Mehr zu dem Film hier.

 

BITTE BEACHTEN SIE AUCH: Eine umfangreiche Helke-Misselwitz-Werkschau mit Spiel- und Dokumentarfilmen, Reportagen, Magazinbeiträgen, Hochschulproduktionen, eher experimentellen Arbeiten und vielen Ehrengästen zeigt vom 17.-27. August 2017 das Filmmuseum Potsdam. Mehr dazu hier.

 

 

 

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J.G.

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Quellen der filmographischen Angaben: Filmlänge, Film- und Bildformat, Drehzeit, Erstverleih, Uraufführung, Kinostart: http://www.filmportal.de/film/engelchen_ad818136db1b4c1d9747afff4ca6a4a2 (besucht am 16.7.2017). Alle anderen Angaben: Originalabspann.

Bilder: Arsenal Filmverleih.