Rarität des Monats April 2015
Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.
Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.
Vom 13.-20. April 2015 um 18 Uhr lief
Tatort Berlin
DDR 1957/1958 – 86 Min. (2339 m) – 35 mm (1:1,33) – Schwarzweiß
Regie: Joachim Kunert. Drehbuch: Joachim Kunert, Jens Gerlach. Kamera: Otto Merz. Bauten: Hans Poppe. Ausführung: Franz Fürst. Musik: Günter Klück. Fachberatung: Mitarbiter des Präsidiums der Volkspolizei Berlin. Kostüme: Dorit Gründel. Masken: Erich Haase, Barbara Schröder. Ton: Albert Kuhnle. Schnitt: Evelyn Carow. Regieassistenz: Hans-Georg Thiemt. Kameraassistenz: Günter Heimann. Aufnahmeleitung: Heinz Walter. Außenrequisiteur: Rudolf Borchardt. Oberbeleuchter: Felix Kusche, Fritz Rübe.
Darsteller: Hartmut Reck, Annegret Golding, Rudolf Ulrich, Sonja Sutter, Hans-Peter Minetti, Jochen Brockmann, Charlotte Küter, Karin Hübner, Harry Hindemith, Karl-Heinz Peters, Harry Engel, Gerhard Rachold, Erich Franz, Martin Flörchinger, Siegfried Fomm, Maria Besendahl, Else Wolz, Charlotte Brummerhoff, Christel Bodenstein, Rolf Ripperger, Peter Dornseif, Maximilian Larsen, Dom de Beern, Erich Mirek, Paul Pfingst, Peter A. Stiege, Manfred Borges, Wilhelm Puchert, Siegfried Weiß, Rudi Petters u.a.
Produktion: DEFA. Produktionsleitung: Erich Albrecht.
Erstverleih: Progress.
Uraufführung: 10. Januar 1958, Berlin, Babylon.
Projektion einer 35-mm-Kinofilm-Kopie.
An der Sektorengrenze ist ein Mann erschossen worden. Noch ist das auch ein Fall für die Ost-Berliner Kriminalpolizei. Ihr Wirken zeigt Joachim Kunert in seinem 1957 gedrehten zweiten Spielfilm – bei dem er auch am, dem Vernehmen nach auf Kripoakten beruhenden, Drehbuch mitwirkte – ebenso vorteilhaft wie das der DDR-Strafjustiz.
In einer etwas eigenwilligen Mischung – die von der zeitgenössischen Kritik mal gelobt, mal bemängelt wurde – werden die Mordermittlungen lange Zeit parallel erzählt zu der Geschichte eines aus dem Gefängnis entlassenen Ost-Berliners. Er stößt auf wenig Verständnis bei seinen Mitmenschen, ist auch selbst recht empfindlich und verschlossen und droht, wieder auf die schiefe Bahn zu geraten. Letzteres nicht zuletzt durch seinen Bruder, einen Nichtsnutz, der in West-Berlin mit einem leichten Mädchen haust.
Denn wie in nahezu jedem DEFA-Film aus dem bereits geteilten, aber noch nicht von einer Mauer durchzogenen Berlin lauert auch hier das Verderben in den Westsektoren. Erst recht verhielt es sich so, noch bis weit in die sechziger Jahre hinein, in den relativ wenigen Krimis aus „volkseigener“ Produktionen. Womöglich auch der Vermittlung dieser Botschaft wegen wurde die Möglichkeit, die sich bei dem in „Tatort Berlin“ geschilderten Ost-West-Fall eigentlich aufgedrängt hatte, nicht genutzt: Die Ermittlungen in beiden Teilen der Stadt zu zeigen und die notwendige fachliche und sachliche Zusammenarbeit der verfeindeten Ordnungskräfte.
So scheint West-Berlin auch in diesem Film mal wieder hauptsächlich von kleinen und großen Gaunern und Prostituierten bevölkert zu sein (die sonst von der DEFA gern noch aufgefahrenen Agenten fehlen hier einmal).
Auf den Hauptdarsteller Hartmut Reck scheint die Beschreibung der schlimmen Zustände beim „Klassenfeind“ wenig Eindruck gemacht zu haben: Er ging bald darauf in den Westen, wo er seine Karriere erfolgreich fortsetzen konnte. Ebenso machte es Karin Hübner, die in „Tatort Berlin“ in einer Nebenrolle zu sehen ist: 1961 spielte eine Hauptrolle in Bernhard Wickis zeitkritischem Drama „Das Wunder des Malachias“ und die Eliza Doolittle in der umjubelten deutschen Erstaufführung von „My Fair Lady“ am Theater des Westens. Im gleichen Jahr, kurz nach dem Mauerbau, kam „Tatort Berlin“ übrigens auch in die westlichen Kinos.
Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.
Weitere Informationen hier.
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J.G.
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Quellen der filmographischen Angaben: Filmformat, Filmlänge, Datum und Ort der Uraufführung: http://www.filmportal.de/film/tatort-berlin_eb46bf9b109f4a9dafec2385c91e6ed3, besucht am 23.2.2015. Bauausführung, Außenrequisiteur, Oberbeleuchter, Darsteller, Vorname von Regie- und Kameraassistent: Progress Film-Programm Nr. 3/58. Alle anderen Angaben: Originalvorspann.
Bilder: DEFA-Stiftung/Otto Menz.
Rarität des Monats März 2015
Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.
Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.
Vom 9.-11. März 2015 um 18 Uhr lief
Die Kuckucks
D (Ost) 1948/1949 – 93 Min. (3534 m) – 35 mm (1:1,33) – Schwarzweiß
Regie: Hans Deppe. Buch: R.A. Stemmle, Marta Moyland. Kamera: Robert Baberske, Walter Rosskopf. Musik: Ernst Roters. Bauten: Willi Vorwerg, Alfred Schulz. Ton: Erich Schmidt. Schnitt: Lisa Thiemann. Regieassistenz: Otto Meyer, Hans Ohrtmann. Aufnahmeleitung: Ernst Körner, Otto Schröder.
Darsteller: Ina Halley, Hans Neie, Karl Heinz Schröder, Nils-Peter Mahlau, Regine Fischer, Carsta Löck, Gertrud Wolle, Aribert Wäscher, Rainer Penkert, Günther Güssefeld, Michael Klein-Chevalier, Thomas Dunskus, Klaus Deppe, Elly Burgmer, Marliese Ludwig, Käthe Jöken-Ludwig, Lotte Lieck, Knuth Hartwig, Albert Johannes, Herbert Weissbach, Walter Strasen, Erich Dunskus, Otto Matthies, Karl Hannemann, Hans Joachim Schoelermann u.a.m.
Erstverleih: DEFA-Filmvertrieb.
Uraufführung: 8. April 1949, Berlin, Babylon.
Nachdem der Vater verschollen und die Mutter gestorben ist, versucht die selbst noch minderjährige Inge Kuckert, ihre vier jüngeren Geschwister durchzubringen und auch vor dem Zugriff des Jugendamtes zu retten. Doch im verwüsteten Berlin der ersten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg fehlt es nicht zuletzt an Wohnraum, und als Untermieter sind die fünf „Kuckucks“ nirgends wohlgelitten. Da entdeckt Inge eine verlassene Villa. Mit der mündlichen Erlaubnis des Eigentümers richten die Geschwister zusammen mit befreundeten Lehrlingen das beschädigte Haus her. Doch dann meldet ein Fiesling Besitzansprüche an. Und der nette Eigentümer ist spurlos verschwunden. – Der fast völlig in Vergessenheit geratene frühe DEFA-Film ist eine sympathische Gegenwartsgeschichte, die zwischen Realismus und Märchen changiert. Rückblickend betrachtet, erinnert die Story der jungen Menschen, die sich auf eigene Faust Wohnraum verschaffen, dabei aber von den Besitzenden und Mächtigen behindert werden, an die Hausbesetzer der siebziger und achtziger Jahre. Nach „Die Kuckucks“ setzte nicht nur der Co-Drehbuchautor Robert A. Stemmle (Regisseur von Filmen wie „Gleisdreieck“ oder „Berliner Ballade“) seine Karriere im Westen fort: Der routinierte Regisseur Hans Deppe inszenierte 1950 mit dem Kassenhit „Schwarzwaldmädel“ den ersten westdeutschen Nachkriegsfarbfilm und den Auslöser der Heimatfilmwelle, der zugleich die Phase der „Trümmerfilme“ (zu denen auch „Die Kuckucks“ gerechnet werden kann) beendete.
Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.
Weitere Informationen hier.
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J.G.
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Quellen der filmographischen Angaben: Filmformat, Filmlänge, Datum und Ort der Uraufführung: http://www.filmportal.de/film/die-kuckucks_5de8cd3c6e5b450c8b851b33288f4f5d, besucht am 17.2.2015). Alle anderen Angaben: Originalvorspann.
Bilder: DEFA-Stiftung/Gerhard Kowalewski.